,Please go down’ beschäftigt sich mit den Parallelen zwischen Porzellan und Mensch, der wegen seiner Aufnahme- und Aufbewahrungsfähigkeit von mir als Gefäß betrachtet wird. Der Mensch nimmt permanent auf, bewahrt, trägt mit sich herum. Schüttet wieder aus, entleert sich: auf geistiger, auf seelischer, auf körperlicher Ebene. Nahrung, Informationen, Wissen, Erfahrungen, Sinneseindrücke, Wörter, Gefühle. Er trägt das Aufgenommene sowohl im Körper wie auch im Geist, im Gefühl, in der Seele mit sich. Dieser Prozess unterliegt permanenter Bewegung; einem fortwährenden Kreislauf.
Meine Spurensuche entlang der Parallelen von Porzellan-Gefäß und Mensch-Gefäß verlief vom Form-Werden (vom Flüssigen zum Festen), der Materialität (Eizelle/Rohstoffe - Körper/Porzellanmasse) über die Frage nach Auswirkungen von Veränderungen; Einflüssen, Prägungen, Fragilität, Zu-Fall und daraus resultierend der Entstehung von Deformationen, Abweichungen von der Norm und Resilienz.
So wie der menschliche Körper über ein Körpergedächtnis verfügt, das ebenso funktioniert wie unser bewusstseingebundenes Gedächtnis, hat auch Porzellan ein Gedächtnis – wurde nicht fehlerlos gearbeitet und vermeintlich ausgebessert, wird der Fehler nach dem Brennprozess erneut sichtbar.
In einem wochenlangen Fall-Prozess bin ich der Frage nachgegangen, was das Porzellangedächtnis durch Fallen speichert und welche Auswirkungen die Eingriffe auf die Form und Funktionalität meiner Körper haben. Dabei zeigt meine Arbeit nicht nur die Auswirkungen sondern auch unterschiedliche Aspekte und Blickwinkel des Fallens auf.
Um meinen Bezug zum menschlichen Körper zu visualisieren, habe ich mich mit Farben von Haut im Porzellan beschäftigt. Meine Installation beinhaltet helle und dunkle Hauttöne. Auch wenn diese Hauttöne nicht die ganze Vielfalt menschlicher Hauttöne abbildet, so sind sie doch stellvertretend als solche von mir gemeint; die entstandenen Hauttöne sind abstrakt, wie ein Gemälde zu betrachten.
Meine Gefäße haben zwei Oberflächen: die Innenseiten reflektieren, die Aussenseiten absorbieren. Das verdeutlicht die zwei Seiten der Körper; die Seite, die nach aussen strahlt, zurückstrahlt, zurückwirft, also etwas gibt, zurück gibt und die Seite, die aufnimmt, aufsaugt, verschluckt.
Der Akt der Wiederholung im Schaffensprozess war körperlich und performativ. Die Wiederholung diente nicht nur dem Erforschen der immer gleichen Form mit seinen Möglichkeiten und Grenzen, sondern lässt durch die Gruppe, die entsteht, auch ein Bild entstehen, einen Rhythmus, ein Innen, ein Aussen, Grenzen, Schwellen, Räume und Zwischenräume. Zwischenräume sind wie Zeilen zwischen den Zeilen.
Meine Objekte möchten nicht nur gesehen sein, sie wollen betrachtet sein. Und gespürt werden. Please. Go down. Have a seat, crawl around inbetween them, touch them, take time, carry them around, lift them up. Put something in there, get something out there. Be gentle. Berührung erwünscht.
September 2020